Lange Zeit hielt sich die Auffassung, dass ab einem bestimmten Alter unser Gehirn nicht mehr lernfähig sei, obwohl dies nie bewiesen wurde. Heutzutage spricht man von der „Neuroplastizität des Gehirns“, also die Fähigkeit des Gehirns, seinen Aufbau und seine Funktionen lebenslang so zu verändern, dass es optimal auf neue äußerliche Einflüsse und Anforderungen reagieren kann. Einfacher ausgedrückt, es kann sich sein Leben lang neu formen. So kompensiert es bei eventuell auftretenden Abweichungen wie genetischen Veränderungen (Sinneseinschränkung) oder durch einen Unfall (Amputation von Gliedmaßen). Der spanisch-amerikanische Neurologe Alvaro Pascual-Leone zeigte am Beispiel von blinden Versuchspersonen, dass sich bei ihnen die Grenzen von Hirnarealen verschieben, wenn sie das fehlende Augenlicht durch den Tastsinn, ganz besonders des Zeigefingers, wettmachen. Diese Umformung kann nachweislich innerhalb von weniger als zwei Stunden auftreten! Allerdings sind nicht alle Bereiche des Gehirns gleich flexibel. Während die einen Stunden und Tage brauchen, benötigen die anderen Wochen und Monate. Und manche Teile des Gehirns sind nur in einem bestimmten Altersabschnitt, wie der Kindheit, wandelbar.
Wie funktioniert diese Formbarkeit im Gehirn? Dafür sind prinzipiell die „grauen Zellen“ zuständig. Man kann sich jede dieser Neuronen wie Mikro-Computer vorstellen, die jeweils miteinander in Verbindung stehen. Es werden Signale verrechnet und an bis zu 1000 weitere Zellen gesendet. Das Neuron ist jedoch in der Lage die Art und Weise der Signalverarbeitung selbstständig zu verändern. So passen sich Neuronen ihrer Umgebung an bzw. den Signalen, die es vom Nachbarneuron bekommt. Die Signalabgabe erfolgt dabei nicht als gleichmäßiger Strom, sondern in Salven. Wenn also zwei Neuronen zur gleichen Zeit immer wieder miteinander zünden, wird die Verbindung zwischen ihnen, die sogenannte Synapse, verstärkt. Das Gehirn fügt also zusammen, was zusammengehört. Der kanadische Neuropsychologe Dr. Donald Hebb hat in den 1950er Jahren richtig vermutet, dass einzelne Neuronen für den Lernvorgang verantwortlich sein müssen. Daher heißt der Vorgang, in dem sich Nervenzellen, die gemeinsam arbeiten und sich daher miteinander verbinden „Hebb’sche Regel“ oder „Hebb’sches Lernen“. Nach diesem Prinzip des „Fire together and wire together“ funktioniert alles Lernen!
1999 konnte man diese Verwandlung im Kopf auch sichtbar machen. Der Münchner Neurobiologe Tobias Bonhoeffer beobachtete mit einem neuen Mikroskop das Neuronenwachstum lebender Neuronen und drehte sogar Videoaufnahmen davon. Da dies im intakten Gehirn noch nicht möglich ist, entnahm er Rattenhirnen Proben aus dem Bereich für das Langzeitgedächtnis und hielt diese Zellen ein paar Tage lang am Leben. Er setzte zwei Neuronen mehrmals gleichzeitig elektrischen Impulsen aus und simulierte zwei Wahrnehmungen, entsprechend etwa Signalen wie „Herdplatte“ und „heiß“. Es dauerte eine halbe Stunde und die Nervenzellen bildeten Dendriten, also Ausläufer, über die Neuronen Kontakt zueinander aufnehmen. Es bahnte sich also eine neue Verbindung zwischen zwei Schaltstellen im Gehirn an.
Ich hoffe, dir hat der Ausflug in die Neurologie Spaß gemacht! Du verstehst nun, dass es sich beim „Mentaltraining“ um eine Möglichkeit der optimalen Lebensveränderung handelt und wie jedes andere Training erarbeitet, also so oft wie möglich, wiederholt werden muss.
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Marion Beier-Rodax
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